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	  			Amt für Ländliche Entwicklung Oberbayern
(04.02.2025) Westerham, Lkr. Rosenheim - Früher war in vielen Dörfern das Wirtshaus nach dem Kirchgang der soziale Treffpunkt. Inzwischen gibt es immer weniger solcher Orte. Mobile Gesellschaften, urbaner Lebensstil und digitale Kommunikation haben die dörfliche Struktur vor allem auch am Rande von Ballungsräumen verändert. Das Gemeinschaftsleben scheitert oft an fehlenden Räumen und Außenbereichen mit Aufenthaltsqualität. Wie Dorferneuerung und Gemeindeentwicklung das soziale Miteinander wieder mehr in den Vordergrund rückt, zeigen Beispiele in den Landkreisen Rosenheim und Traunstein.
Es duftet nach Rehbraten, Blaukraut und Kaffee. Lachen und geselliges Plaudern erfüllen den Raum. Im Hintergrund sorgt eine lokale Musikgruppe für gute Laune. An diesem Nachmittag kurz vor Weihnachten haben sich im Saal des Dorfzentrums „Boschnhaus“ 35 Seniorinnen und Senioren versammelt. Anlass ist das traditionelle Kochen und Essen für alle älteren Bürgerinnen und Bürger aus Vagen, einem Ortsteil der Gemeinde Feldkirchen-Westerham im Landkreis Rosenheim. Man spürt, dass viele vielmehr als das dreigängige Menü die Gemeinschaft genießen – eine Gemeinschaft, die es vielerorts nicht mehr gibt. Denn gerade auf dem Land fehlt es oft an Möglichkeiten der Zusammenkunft. „Umso wichtiger ist es, Orte des Miteinander zu schaffen, so wie in Westerham“, erklärt Peter Oster vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberbayern. „Deshalb haben wir zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern bei den Planungen zur Dorferneuerung von Westerham unser Augenmerk auf soziale Treffpunkte gelegt“, so Oster. Bis auf wenige notwendige Straßenmaßnahmen hatte die soziale Infrastruktur Priorität. Mit dem Konzept und der Sanierung des denkmalgeschützten Boschnhauses als sozialen Treffpunkt ist das beispielhaft gelungen.
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Wie sehr den Bürgerinnen und Bürgern der See am Herzen lag, zeigte die Einweihungsfeier. „Nahezu alle Schlechinger waren dabei, als der wiederhergestellte See eröffnet wurde“, erinnert sich Peter Oster. Dabei ging es nicht nur um den See, viele Engagierte waren auch besonders stolz, was sie mit ihrem Einsatz geschaffen haben. Und das müsse auch über eine neue Anerkennungskultur wertgeschätzt werden. Als Zeichen der Anerkennung erhielten alle ehrenamtlich Teilnehmenden der Baumaßnahmen eine Arbeitsschürze bzw. ein Basecap mit einem kreierten Logo zur Dorferneuerung.
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Ein anderes Beispiel für einen sozialen Treffpunkt ist der Dorfladen in Schleching. Nachdem es in der Gemeinde keine Einkaufsmöglichkeit mehr gab, entstand die Initiative für einen Lebensmittelladen. Betreiberin ist eine Bürgergesellschaft. Peter Oster sieht die Attraktivität des Geschäfts nicht nur im Angebot. Es sei vor allem auch ein Kommunikationstreffpunkt, wo man sich zum Ratschn zusammenfindet. Und das wird z.B. auch gerne von den älteren Bürgerinnen und Bürgern genutzt, die in der Senioren-Wohngemeinschaft über dem Ladengeschäft ihr Zuhause haben.
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„Ein Vereinsleben, das sich die Dettendorfer schon lange gewünscht hatten“, so Martin Nagl, der ehrenamtlich für den Förderverein tätig ist. Bis zum Einzug in das neue Haus nutzte der Trachtenverein, die Musikkapelle, die Theatergruppe und der Kirchenchor das ehemalige Schulhaus. Es war lange Zeit Mittelpunkt des Dorflebens, wo viele lesen und rechnen gelernt haben, bis zur Einstellung des Unterrichts 1976. Das Gebäude aus den 1950er Jahren war stark sanierungsbedürftig. Es genügte auch nicht mehr den Anforderungen der größer werdenden Vereine. Hinzu kamen immer mehr Veranstaltungen. Zusätzliche Angebote für Senioren oder junge Leute gab es kaum bzw. zu wenige, da es an Räumlichkeiten mangelte. Als dann auch noch das bis dahin genutzte Gasthaus Kammerloher 2012 seine Pforten schloss, fehlten Ausweichmöglichkeiten. „Es bestand dringend Handlungsbedarf, wenn man bedenkt, dass sich das soziale Leben im Dorf über die Vereine abspielt“, beschreibt Martin Nagl die Situation.
„Als 2004 der Antrag auf Dorferneuerung beim ALE Oberbayern eingereicht wurde, hatte die Errichtung eines Dorfzentrums bzw. des Gemeinschaftshauses als sozialer Treffpunkt oberste Priorität“, erklärt Martin Nagl. Mit Unterstützung und Förderung durch das ALE konnte die Gemeinde Bad Feilnbach das Gebäude errichten. Als Eigentümer der Immobilie hat sie die Räume zur Nutzung den örtlichen Vereinen überlassen. Seither sind der Förderverein Gemeinschaftshaus Dettendorf-Kematen, der Feuerwehrverein, die Trachtenkapelle, der Trachtenverein „Edelweiß Dettendorf-Kematen“ sowie die Theatergruppe des Trachtenvereins in einem zentralen Gebäude vereint. 
„Die Betriebskosten für das Gemeinschaftshaus tragen die Vereine durch Mitgliedsbeiträge, Spenden und Veranstaltungen“, so Martin Nagl über das Finanzierungskonzept. Die Umsetzung dieses Projekts sei zudem nur möglich gewesen, weil viele Bürgerinnen und Bürger Eigenleistungen erbracht haben. Das habe die Dorfgemeinschaft zusammengeschweißt, denn schließlich wollten alle das Gemeinschaftshaus zum gesellschaftlichen und kulturellen Mittelpunkt des Dorfes machen.
Die sozialen Aktivitäten der Kinder, Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren konzentrieren sich heute überwiegend auf das Gemeinschaftshaus. Viele Kinder und junge Leute engagieren sich in einem oder sogar mehreren Vereinen und das oft ein Leben lang. Wer schon als Kind Mitglied in der Trachtenkapelle ist, geht noch in andere Vereine, wie z.B. zur Feuerwehr oder zum Trachtenverein. Das sei auch bei ihm und seinen Kindern so, sagt Martin Nagl, der in Dettendorf aufgewachsen ist.
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Viele Gemeinden haben die Problematik, dass z.B. Wirtshäuser oder alte Schulgebäude als Orte der Begegnung nicht mehr verfügbar sind. Menschen, die an der Dorfgemeinschaft Interesse haben und etwas bewegen wollen, brauchen aber einen Raum für ihre Aktivitäten. „Wenn ich keine Räumlichkeiten habe, um Idee umzusetzen, nützen mir auch die engagierten Leute nichts“, so Peter Oster. Der soziale Treffpunkt im Dorf hat deshalb einen hohen Stellenwert für den Zusammenhalt und das Wohlbefinden der dörflichen Gemeinschaft. Umso wichtiger ist es, neue Ideen zu fördern, wo alte Traditionen nicht mehr funktionieren. Mit dem Engagement von Bürgerinnen und Bürgern und der notwendigen Unterstützung sei es möglich, die sozialen Räume in unseren Dörfern wiederzubeleben und anzupassen. So könne man die mancherorts verloren gegangene Gemeinschaft zurückgewinnen und ein lebendiges Miteinander schaffen, in dem sich jede Generation wohlfühlt. „Instrumentarien der ländlichen Entwicklung, wie etwa die Dorferneuerung und Innenentwicklung leisten dazu sicher einen wichtigen, unverzichtbaren Beitrag“, so das Fazit von Peter Oster.